Vor 100 Jahren ...
Exakt 100 Jahre vor Herbert Böck stellte der
damalige Chorleiter der Singakademie, Ferdinand Löwe (1865-1925), seine Position zur Verfügung. Löwe hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits einen sehr guten Namen in der Wiener Musikszene gemacht, und war unter anderem Lehrer am Wiener Konservatorium. 1897 wurde er zum Chefdirigenten des Münchner Kaim-Orchesters, Vorläufer der Münchner Philharmoniker, berufen. Nach einem Jahr des Pendlerdaseins konzentrierte er sich schließlich ganz auf sein Münchner Engagement, zumindest bis zum Jahr 1900. Wieder nach Wien zurückgekehrt gründete er 1901 mit einigen Gleichgesinnten den „Wiener Konzertverein“, der eine enge Beziehung zur Wiener Singakademie pflegte, und aus dessen Orchester später die Wiener Symphoniker hervorgingen. Löwe übernahm schließlich 1916 für 4 Jahre nochmals die Leitung der Wiener Singakademie, und war zum Abschluß seiner musikalischen Laufbahn von 1918 bis 1922 Direktor der Wiener Staatsakademie für Musik und darstellende Kunst. Insgesamt dirigierte Ferdinand Löwe die Singakademie in nicht weniger als 52 Konzerten, damit konnte ihn bisher nur Paul von Klenau (66 Konzerte, Chorleiter von 1922 bis 1931) übertreffen.
In dieser Saison, wie auch in der darauffolgenden mußte die Singakademie ohne Präsidenten auskommen. Seit dem Rücktritt von Adolf Graf Podstatzky-Liechtenstein (Präsident von 1878 bis 1895) war es immer nur zu Zwischenlösungen gekommen, und erst im Jahre 1900 konnte mit dem Klavier-Fabrikanten Friedrich Ehrbar jun. eine längerfristige Lösung gefunden werden. Ehrbar bekleidete dieses Amt immerhin bis zu seinem Tod im Jahre 1921.
Im Herbst 1898 übernahm nun Carl Führich, der als Korrepetitor und als Assistent mehrerer Chorleiter schon seit 1891 in Diensten der Singakademie stand, die Leitung des Chores.
In seinem ersten Konzert stellte er in einem a-cappella-Konzert durchwegs Aufbereitungen altgriechischer Gesänge vor. Im zweiten Konzert, ebenfalls im Sitzungssaal des Alten Rathauses stand zeitgenössische Chormusik von Johannes Brahms und Hugo Wolf, sowie je ein Werk von Thomas Morley und Felix Mendelssohn-Bartholdy auf dem Programm. Der März 1899 brachte die erste Zusammenarbeit mit dem Direktor der Wiener Staatsoper, Gustav Mahler, in Lorenzo Perosis „La risurrezione di Lazzaro“, gemeinsam mit den Wiener Philharmonikern. Den Höhepunkt dieser mehrjährigen Beziehung zwischen der Singakademie und Mahler sollte schließlich die Uraufführung von Mahlers „Klagendem Lied“ im Jahre 1901 bilden.
Zehn Tage nach dem Konzert unter Mahler im Großen Musikvereinssaal brachte die Wiener Singakademie unter der Leitung von Carl Führich im Sofiensaal Mendelssohns „Paulus“. Diesmal in Zusammenarbeit mit zwei anderen Ensembles, nämlich dem „Leopoldstädter Männergesangsverein“ und der „Wiener Radfahrkapelle“.
Carl Führich beschloß jedoch mit diesem Konzert nicht nur die Saison, sondern auch seine Tätigkeit für die Wiener Singakademie.